Umwelt / Kommunalwahl 2018
NABU Kiel wertet die Wahlprogramme der Parteien hinsichtlich der Auswirkungen ihrer Forderungen für Umwelt und Natur aus
PRESSEMITTEILUNG
Kiel – Der Naturschutzbund Deutschland (NABU), Ortsgruppe Kiel, ist mit über 2.000 Mitgliedern die größte Naturschutzorganisation in Kiel. Für seine Mitglieder hat der NABU Kiel die Wahlprogramme
der größeren Parteien hinsichtlich der politischen For-derungen, die sich auf Umwelt- und Natur auswirken können, ausgewertet.
Bei der Auswertung wurden die Forderungen der Parteien in mit für die Umwelt und Natur positiv sowie negativ zu erwartenden Auswirkungen eingeteilt. Teilweise wurden die Forderungen vom NABU
kommentiert, um die Ansichten des Vereines darzustellen. So soll den Mitgleidern ein Überblick für die Wahl kommenden Sonnatg gegeben werden, um die Wahlprogramme der Parteien thematisch
einfacher vergleichen zu können.
Es wurden die Wahlprogramme der SPD, CDU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und LINKEN unter die Lupe genommen. Insgesamt wurden bei allen Parteien zusammen 155 Punkte herausgearbeitet, die entweder
positiv oder negativ bewertet wurden. Die Spannbreite geht von 11 Punkten bei der FDP bis 58 Punkte bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Immerhin wurden 80 % der Punkte mit positiven Auswirkungen z.B. für
den Klima- oder Artenschutz bewertet, wobei auch hier die Gewichtung bei den Parteien sehr unterschiedlich ausfiel. Bei der FDP wurden nicht mal die Hälfte der Punkte mit positiv bewertet.
Insgesamt wird begrüßt, dass die Parteien die Umsetzung des Masterplans 100 % Klimaschutz befürworten. Auch die Förderung der E-Mobilität und der Landstromanschluss für Schiffe wird in allen
Programmen gefordert. Alle Parteien sprechen sich für den Ausbau des ÖPNV und des Radwegenetzes aus, wobei die Konkretisierung der Forderungen in den Wahlprogrammen sehr unterschiedlich ist.
Hinsichtlich des Autoverkehrs halten die CDU und die FDP an veralteten Konzepten fest und wollen somit den Autoverkehr in der innenstadt weiterhin fördern. Dies ist für den NABU Kiel völlig
unverständlich, da andere Städte mit modernen Verkehrskonzepten vormachen, wie sich die Städte positiv entwickeln, wenn der Autoverkehr aus den Innenstädten verbannt wird.
Beim Wohnungsbau setzen die Parteien auf einen starken Ausbau, wobei die bisherigen Prognosen zum Wachstum der Stadt unkritisch übernommen werden. Der NABU Kiel fordert hier ein Umdenken, zuerst
müssen Konzepte zur Gesamtentwicklung der Stadt aufgestellt werden, bevor weitere Flächen versiegelt werden. Dazu kommt, dass die
Versiegelung insgesamt gestoppt werden muss, indem Flächen entsiegelt werden.
Zum Erhalt von Grünflächen gibt es innerhalb der Wahlprogramme sehr widersprüchliche Forderungen. So sind Angaben zum Schutz von Grünflächen bei den Parteien sehr allgemein gehalten, während
konkrete Forderungen z.B. zum Bau der Südspange von der CDU oder zum Wohnungsbau auf dem Flughafengelände durch die
GRÜNEN und LINKEN und Suchsdorf-West von CDU und FDP gestellt werden. Alles Baumaßnahmen, die massiv in den Grüngürtel der Stadt eingreifen. Der Schutz des Grüngürtels wird so bei den Parteien
nur ein Lippenbekenntnis, eine ernsthafte Umsetzung ist nicht zu erwarten.
Die Forderung des NABU Kiel, eine ökologische Aufwertung der Innenstädtischen Grünflächen, wurde von SPD, CDU und GRÜNEN übernommen. Der NABU kritisiert dagegen die Forderung vieler Parteien zum
Ausbau der Straßenbeleuchtung. Genügend Studien belegen die negative Auswirkungen einerseits auf Tierarten aber auch auf den Schlafrythmus der Menschen.
In den vergangenen fünf Jahren gab es durch die Ratsversammlung kaum Beschlüsse, die den dringenden Arten- und Naturschutz förderten. Auch beim Klimaschutz und der Reduzierung der Luftschadstoffe
fehlt es bisher an der Umsetzung konkreter Maßnahmen, die mehr sind als nur ein Feigenblatt. Die Eingriffe in die grünen Bereiche
sowie die Föderung des Auto- und Schiffsverkehrs waren dagegen enorm. Der NABU Kiel fordert daher die Parteien auf, vertsärkt Anstrengungen für den Umwelt- und Naturschutz zu unternehmen. Nicht
zuletzt geht es auch um die Bevölkerung Kiels, die Naherholungsflächen genauso benötigt wie saubere Luft und einen reduzierten Lärmpegel.
Mit dem Beschluss zum Wohnbauflächenatlas Kiel wurde von der Ratsversammlung auch die Stärkung und Weiterentwicklung des Kieler Stadtgrüns beschlossen. Der NABU Kiel sowie der BUND Kiel haben
daher Punkte erarbeitet, die aus Sicht des Naturschutzes unbedingt bei der Planung zum Kieler Stadtgrün zu berücksichtigen sind, damit parallel zur Ausweisung neuer Wohnbauflächen und den damit
verbundenen Eingriffen in den Naturhaushalt sowie in Erholungsräume für die Bevölkerung, der notwendige Ausgleich geschaffen wird.
Mit dem Gut Grund und Boden ist grundsätzlich sparsam und zurückhaltend umzugehen. Sowohl das Baugesetzbuch als auch das Bundesnaturschutzgesetz stellen die Notwendigkeit zu einem nachhaltigen
Umgang mit diesem nicht vermehrbaren Gut an vorderste Stelle. Die Nationale Nachhaltigkeitsstrategie und als deren aktuelle Fortschreibung erklären auch politisch-strategisch den sparsamen Umgang
mit unseren Ressourcen zur allgemeinen Handlungsleitlinie. Bei der Umsetzung der politischen Vorgabe 'Innenentwicklung vor Außenentwicklung' muss immer ein besonderes Augenmerk auch auf die
Wertigkeit von Innenbereichsflächen gelegt werden!
Grünbestimmte Räume, Sukzessionsflächen, Flächen die nie oder seit langer Zeit nicht mehr bebaut waren, müssen vorrangig als Grünraum erhalten werden.
Die Ratsversammlung hat am Donnerstag, den 16.11.17, die Prüfung eines neuen Wohngebietes in Suchsdorf West beschlossen. Die Kieler Umweltverbände machen sich dafür stark, damit das nicht umgesetzt wird. Sollte dort auf der "grünen Wiese" nach Meimersdorf Süd erneut ein komplett neues Wohngebiet geplant werden, würde die Ratsversammlung wieder mal bestehende Pläne für Natur- und Umweltschutz sowie die Gesundheit der Kieler Bevölkerung zu Makulatur erklären. Das Gebiet westlich von Suchsdorf war eigentlich mal als Landschaftsschutzgebiet geplant. Und das aus gutem Grund, denn die Flächen könnten naturschutzfachlich aufgewertet werden, sind im Lärmaktionsplan als ruhiges Gebiet ausgewiesen und sind wichtig als Frischluftschneise für Kiel.
Wenn die Ratsversammlung u.a. mit Stimmen der SPD und CDU dort wirklich mal eine großflächige Bebauung beschließt, sollte die Stadt ehrlicherweise aus dem Bündnis "Kommunen für biologische Vielfalt" austreten und offen zugeben, dass Klimaschutz und die Gesundheit der Bevölkerung für die Politiker keinerlei Stellenwert hat. So viel Ehrlichkeit gegenüber den Menschen in Kiel kann man von Politikern erwarten.
Im Sommer wurde der Entwurf vom Wohnbauflächenatlas als Beschlussvorlage für die Ratsversammlung veröffentlicht. Das Stadtplanungsamt hat für die Stadt Kiel Flächen identifiziert, die für den
Wohnungsbau genutzt werden können und sollen. Bei diesem Entwurf werden die Flächen, die sich im Eigentum der Stadt befinden, dargestellt. In einem zweiten Entwurf werden Anfang kommenden Jahres
noch die im Privatbesitz befindlichen Flächen aufgezeigt. Mit der geplanten Bebauung will die Stadt Kiel dem prognostizierten Wohnungsmangel ...
Mehr lesen Sie hier
Gemeinsame Stellungnahme der Kieler Umweltverbände zum Entwurf eines
Wohnbauflächenatlas:
Bauwahn oder Zukunftsplanung?
BUND und NABU kritisieren mangelhafte Einbindung von Bürgern, Verbänden und
Fachkonzepten bei der Erstellung des Wohnbauflächenatlas. Nach Bewertung der
Umweltverbände fehle dem Atlas die nötige stadtplanerische Qualität, um den
verschiedenen Nutzungsansprüchen in der Stadt gerecht zu werden. NABU und BUND
fordert insbesondere die Veräußerung von Flächen im städtischen Besitz an klare,
ambitionierte Kriterien zu knüpfen und das Tafelsilber der Stadt nicht leichtfertig an
Investoren zu verkaufen.
Gemeinsame Stellungnahme der Kieler Umweltverbände zum Entwurf eines
Wohnbauflächenatlas:
Bauwahn oder Zukunftsplanung?
BUND und NABU kritisieren mangelhafte Einbindung von Bürgern, Verbänden und
Fachkonzepten bei der Erstellung des Wohnbauflächenatlas. Nach Bewertung der
Umweltverbände fehle dem Atlas die nötige stadtplanerische Qualität, um den
verschiedenen Nutzungsansprüchen in der Stadt gerecht zu werden. NABU und BUND
fordert insbesondere die Veräußerung von Flächen im städtischen Besitz an klare,
ambitionierte Kriterien zu knüpfen und das Tafelsilber der Stadt nicht leichtfertig an
Investoren zu verkaufen.
Näheres finden Sie in der vollständigen Pressemitteilung.
Im Sommer wurde der Entwurf vom Wohnbauflächenatlas als Beschlussvorlage für die Ratsversammlung veröffentlicht. Das Stadtplanungsamt hat für die Stadt Kiel Flächen identifiziert, die für den
Wohnungsbau genutzt werden können und sollen. Bei diesem Entwurf werden die Flächen, die sich im Eigentum der Stadt befinden, dargestellt. In einem zweiten Entwurf werden Anfang kommenden Jahres
noch die im Privatbesitz befindlichen Flächen aufgezeigt. Mit der geplanten Bebauung will die Stadt Kiel dem prognostizierten Wohnungsmangel entgegentreten.
Sollte der Wohnbauflächenatlas in der vorliegenden Form tatsächlich umgesetzt werden, würden massiv Grünflächen der Stadt zugebaut werden. Die Kieler Naturschutzverbände NABU und BUND lehnen
daher den Entwurf ab. Die Grünflächen haben eine sehr hohe Bedeutung für die Natur, sie werden benötigt zum Erhalt der Tier- und Pflanzenwelt, sind ausschlaggebend für Stadtklima und
Luftqualität. Grünflächen bedeuten aber auch mehr Wohnqualität für die Bewohner Kiels, weil Gärten und Parks eine hohe Bedeutung als Freizeit- und Erholungsräume haben.
Konkret sind Flächen nach folgenden vier Kriterien aus dem bestehen Wohnbauflächenatlas wieder zu streichen:
- Keine Innenflächenverbauung, wenn es sich z.B. um strukturreiche Gärten handelt.
Sie sind wichtig für das Kleinklima im Innenstadtbereich, Wohnqualität, Naherholung
und als sozialfördernde Strukturen.
- Keine Zerschneidung von Biotopverbundachsen bzw. Grünachsen.
Sie sind wichtig für Austauschbeziehungen zwischen Biotopflächen,
als Frischluftschneisen und für das Innenstadtklima.
- Keine Außenrandverbauung bzw. Außenrandverschiebung
Diese Naherholungsgebiete direkt vor den Toren der Stadt müssen für die Menschen
erhalten bleiben – Wohnqualität - und es kommen oft wertvolle Biotopstrukturen vor.
- Keine Baumaßnahmen in wertvolle Biotope, z.B. Kleingärten mit altem Baumbestand,
Gewässer, artenreiches Wertgrünland oder Knicklandschaft.
Sie sind wichtig für den Erhalt von Naherholungsgebieten, Biotopen und Trittsteinen
für die Fauna.
Die Naturschutzverbände kritisieren auch die Vorgehensweise der Stadt Kiel. Wie selbstverständlich werden die Prognosen zum Bevölkerungswachstum als gottgegeben dargestellt, dabei sind diese
Prognosen kritisch zu hinterfragen, denn es gibt auch andere Zahlen. Der Bauboom ist letztendlich auch dem Niedrigzins geschuldet. Geschaffen werden im Wesentlichen Wohnungen und
Einfamilienhäuser der gehobenen Preisklasse. Damit ignoriert die Kieler Politik aber die tatsächliche soziale Entwicklung der Bevölkerung. Die Ankündigung Wohnraum für Studenten und weniger
reiche Familien schaffen zu wollen, erweist sich bei der genauen Betrachtung als Lippenbekenntnis. Von der Ratsversammlung ist zu erwarten, dass sie sich über Lösungswege anderer Städte
informiert, man muss das Rad nicht zweimal erfinden. Tübingen zeigt Beispielsweise, dass es auch anders geht. Dabei hatte Kiel mal gute Vorsätze wie Bebauung auf nur vorgenutzten Flächen, in
Baulücken und möglichst keine Neuversiegelung. Davon haben sich die Kieler Ratsfraktionen aber verabschiedet.
Fläche ist in einer Stadt nun mal ein endliches Gut, die Bedeutung der Grünflächen für Natur, Umwelt und Mensch ist sehr hoch und bei Verlust nicht auszugleichen. Die Naturschutzverbände fordern
daher eine Grundsatzdebatte. Außerdem eine Rückbesinnung auf die alten Konzepte mit Wohnungsbau nur in Baulücken, durch Aufstockung und auf bereits versiegelten Flächen. Grüne Innenhöfe,
Biotopverbundflächen sowie die bestehenden Baugrenzen sind zu erhalten. Durch den Ausbau des ÖPNV können auch die Potenziale der umliegenden Gemeinden ökologisch verträglich genutzt werden.
Mitarbeit der NABU-Mitglieder ist gewünscht und notwendig
Die Mitglieder des NABU sind aufgefordert sich an der Diskussion zu beteiligen. In den Ortsbeiräten und mit den Vertretern der Ratsversammlung müssen Grundsatzdiskussionen geführt werden.
Wer im Wohnbauflächenatlas kritische Flächen bei sich in der Umgebung entdeckt, kann diese auch gerne dem NABU-Vorstand melden. Wir werden eine Stellungnahme dazu noch verfassen und sind auf die
Mithilfe von Leuten vor Ort angewiesen. Die Unterlagen können über die Seite der Stadt eingesehen oder beim Vorstand angefragt werden (vorstand(at)nabu-kiel.de).