Fotos: NABU/Hartmut Rudolphi
Ein Bündnis aus 11 verschiedenen Initiativen, Verbänden und Kieler Bürger*innen fordern die Ratsfraktionsparteien auf, die Straßenbaupläne im Kieler Süden zu stoppen!
Am Montag, 02.12.2019 um 14 Uhr wurden hunderte Protestpostkarten der Fraktionen CDU, SPD, Bündnis90/Die Grünen und der FDP, die bereits innerhalb von drei Stunden von Bürger*innen aus Kiel und
dem Umland unterschrieben wurden, in deren Briefkästen gesteckt.
Hintergrund ist der voranschreitende Ausbau der B404 zur A21 Richtung Kiel. Im Bundesverkehrswegeplan 2030 sind der Autobahnbau bis zum Barkauer Kreuz in Kiel sowie die sogenannte Südspange als
„vordringlicher Bedarf“ festgelegt. Der Bau der Südspange würde mitten durch den historischen Grüngürtel bis zur B76 führen.
Ein wertvoller Natur- und Erholungsraum würde zerstört werden: Das Gebiet im Bereich Meimersdorfer Moor, Vieburger Gehölz und der über 300 Kleingärten ist Lebensraum vieler geschützter Tier- und
Pflanzenarten sowie wichtiger Naherholungsraum für die Kieler Bevölkerung. Für dessen Erhalt kämpfen diese 11 Initiativen zusammen mit den Kieler Bürger*innen, denn seit Mitte Mai 2019 haben die
Ratsfraktionsparteien den Klimanotstand erklärt und sich dazu entschlossen, alle Beschlüsse zugunsten des Klimas, der Natur und der Umwelt zu entscheiden.
v.i.S.d.P. Erna Lange, Bürgerinitiative Klimanotstand-Kiel
Bündnis "Vorfahrt für den Klimagürtel":
Der Ausbau der B404 zur A21 bis Kiel schreitet voran. Als Kieler Anschluss an den innenstädtischen Verkehr stehen im Bundesverkehrswegeplan der Ausbau der A21 bis zum Barkauer Kreuz und die
sogenannte Südspange als „vordringlicher Bedarf“ drinnen.
Die Planung würde außerdem noch den Bau zusätzlicher Straßen notwendig machen. Es müssten noch der Neubau einer Nebenstrecke für den innerörtlichen Verkehr auf dem Hörn-Eidertal-Wanderweg
und durch Gaarden Süd sowie ein Autobahnkreuz am Vieburger Gehölz gebaut werden.
Die Straßen würden den Kieler Grüngürtel stark zerschneiden. Die Folgen für das Klima, die innerstädtische Luft, die Natur und die Bevölkerung wären massiv.
Das Bündnis „Vorfahrt für den Klimagürtel“ aus 9 Umweltschutzverbänden und Initiativen sowie Kieler Bürger*innen lehnen diese Planung aus vielen Gründen ab.
Wir fordern
Die Folgen eines Baus der Südspange und der Nebenstrecke:
KFZ-Verkehr contra Verkehrswende
Eine lang bekannte Tatsache „wer Straßen sät wird Verkehr ernten“ wird sich auch durch den Bau der A21 bestätigen. Laut Gutachten*, das die Stadt Kiel in Auftrag gegeben hat, wird z.B. der
Verkehr auf dem Theodor-Heuss-Ring westlich des Barkauer Kreuzes von täglich 106.200 KFZ pro Tag (2013) auf 133.000 KFZ pro Tag (2025) steigern - ein Plus von 25 %. Auf der jetzigen B404 sollen
nach dem Ausbau zur A21 später 75 % mehr KFZ-Verkehr rollen.
Abbildung 1: prognostiziertes Verkehrsaufkommen nach dem Bau der A21 und Südspange
Viele Menschen in Kiel wollen endlich eine Mobilitätswende, hin zum Verkehr ohne Auto. Der Ausbau des ÖPNV, des Radwegenetzes und mehr Qualität für Fußgänger sind dringend umzusetzen. Neben den
Klimaschutzzielen ist auch die wesentliche Erhöhung der Lebensqualität ein wichtiges Argument für eine autofreie Stadt.
Der Ausbau der A21 bis zum Barkauer Kreuz, die Südspange und die Nebenstrecke würden allerdings die bestehende Situation – immer mehr Autoverkehr – regelrecht in Beton gießen. Eine echte
Mobilitätswende würde wesentlich erschwert werden, da neue Verkehrswege für den Radverkehr, für die zukünftige Stadtbahn oder auch Buslinien sehr eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich
wären.
*Arbeitsgemeinschaft Südspange co. BDC Dorsch Consult Ingenieurgesellschaft mbH 2016
Klima
Jeden Freitag gehen zig Tausend Menschen auf die Straße, um gegen den Klimawandel zu demonstrieren - auch in Kiel. Die Pläne von Stadt und Bund sind aber gleich doppelt klimaschädlich:
- mehr Autos – mehr klimaschädliche Gase
- Durch den massiven Eingriff in den Kieler Grüngürtel müssten viele Bäume, teilweise auch sehr alte, gefällt werden. Bäume, die jetzt noch sauberer Luft produzieren!
In Zeiten des Klimawandels ist der Kieler „Klimagürtel“ wichtiger denn je. Ein dermaßen großer Eingriff für den Bau von Straßen ist heutzutage nicht mehr zu rechtfertigen. Nur noch
klimafreundlicher Verkehr darf gefördert werden.
Luftverschmutzung
Je mehr Autos, desto schlechter die Luft. Die Grenzwerte am Theodor-Heuss-Ring werden durch den steigenden Verkehr nicht einzuhalten sein. Hinzu kommt, dass durch die geplante Südspange und die
Nebenstrecke die wichtige Kieler Frischluftschneise „Eidertal – Hörn“ in einem weiteren Bereich zerschnitten werden würde. Frischluftschneisen sind für die Luftzirkulation innerhalb von Städten
sehr wichtig. Nur so wird verschmutzte und warme Luft aus der Stadt transportiert, die durch saubere und kühle Luft ersetzt wird. Die vom Asphalt erwärmte Luft sowie die warmen Abgase wirken
dagegen wie eine Wand und vermindern die Luftströmungen.
Natur- und Artenschutz
Der Bereich Vieburg – Kronsburg – Kuckucksberg ist geprägt von einem Mosaik verschiedenster Lebensräume. Zahlreiche Kleingärten, alte Bäume, Gehölze und offene Lebensräume bieten vielen Tierarten
Platz zum Leben.
Der Bau der Südspange und der A21-Nebenstrecke würden viele dieser Lebensräume zerstören. Außerdem würden wichtige Kieler Biotopverbundachsen zerschnitten werden. Das Artensterben würde weiter
befördert werden. Dies ist nicht mehr zu verantworten. Auch in Kiel ist es in den letzten Jahren zu einem starken Rückgang der Artenvielfalt gekommen.
Abbildung 3: Zerschneidung der Biotopverbundachsen durch die Südspange und Nebenstrecke
Lebensqualität – Naherholungs- und Wohngebiete
Gerade in einer Großstadt ist die Qualität von Wohn- und Naherholungsgebieten ein wertvolles Gut. Wohngebiete sollten sich in verkehrsberuhigter Lage befinden, Naherholungsgebiete in
unmittelbarer Nähe von Wohnungen.
Dem Bau der Südspange würden über 300 Kleingärten sowie der Hörn-Eidertal-Wanderweg zum Opfer fallen. Andere Naherholungsbereiche wie das Vieburger Gehölz sowie die restlichen Kleingärten
würden durch den Lärm für die Naherholung weiter eingeschränkt werden. Der große Flächenverlust allein durch das Autobahnkreuz und der Nebenstrecke dürfte sich auf 20 ha belaufen. Der
nachfolgenden Abbildung sind die bisherigen Pläne zu entnehmen.
Abbildung 4: Flächenverlust durch das geplante Autobahnkreuz
Quelle: Arbeitsgemeinschaft Südspange co. BDC Dorsch Consult Ingenieurgesellschaft mbH 2016
Die Wohnqualität in Kronsburg würde durch den Autolärm und die Immissionen sinken. In Gaarden-Süd zusätzlich noch durch die neue Nebenstrecke.
Abbildung 5: zusätzliche Immissionen von Lärm und Abgasen in Wohn- und Naherholungsgebieten
Kiel ruft den Klimanotstand aus – und plant weiter Straßen mit noch mehr Autoverkehr
Im Mai wurde in Kiel der Klimanotstand ausgerufen. Die Presse berichtete davon bundesweit und die Ratsversammlung ließ sich dafür feiern. Es wurde auch beschlossen: „Bei allen Handlungen und
Beschlüssen der Landeshauptstadt Kiel und der Selbstverwaltung werden wir die Auswirkung auf das Klima berücksichtigen.“
Genau einen Monat später wurde in der Kieler Ratsversammlung ein Teil der A21-Nebenstrecke – ohne die Auswirkungen auf das Klima zu berücksichtigen. Statt die Pläne der Südspange und der
Nebenstrecke nach dem Ausruf des Klimanotstandes zu beerdigen, wird weiter geplant. Noch deutlicher kann man nicht zeigen, dass man seine eigenen Beschlüsse nicht ernst nimmt.
Wieso BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN?
Nach dem Ausruf des Klimanotstandes hätte Bündnis 90/Die Grünen gegen die Planungen steuern müssen. Das einen Monat später aber der Beschluss zur Nebenstrecke (s.o.) von den Grünen so mitgetragen
wurde, ist kaum zu verstehen. Völlig unverständlich für den NABU Kiel ist auch, dass die Grünen nicht von dem Kandidaten bei der Oberbürgermeisterwahl, den sie öffentlich unterstützen,
während des Wahlkampfes kein klares Votum gegen den Bau der Südspange und Nebenstrecke verlangt haben und sich ihr Kandidat stattdessen für die weitere Planungen trotz aller Nachteile für die
Kieler Bevölkerung und das Klima einsetzt (siehe auch Antworten zu den Wahlprüfsteinen des Mobilitätsrates hier auf unserer Homepage). Unglaubwürdiger kann man sich wohl kaum machen.
Wieso SPD?
Auch die Kieler SPD hat bisher alle Ratsbeschlüsse mitgetragen und setzt sich aktiv für den Bau von Südspange und Nebenstrecke ein. Und das trotz des großen Verlustes an Kleingärten, wichtigen
Naherholungsgebieten und Entwertung von Wohngebieten. Die Kieler SPD behauptet stets, sich für die Menschen in Kiel einzusetzen – „für ein soziales Kiel“ laut Homepage. Besonders die Schaffung
neuer und bezahlbarer Wohnungen sei ihr wichtig. Aber warum dann den Verlust von über 300 Kleingärten hinnehmen? Und warum den vorhandenen Wohnraum in Gaarden Süd und Kronsburg entwerten? Oder
ist der Plan der SPD auf diese Weise dort günstigen Wohnraum zu schaffen? Wer will schließlich schon neben einer Autobahn wohnen.
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